alma-Gründerinnen im Porträt
Kathrin Zeitler
Kathrin Zeitler ist Digitalstrategin, Kulturmanagerin und Dozentin. Sie berät Kulturinstitutionen in den Bereichen digitale Transformation und digitale Kommunikation.
alma: Liebe Kathrin, warum bist du im Kultursektor aktiv, was treibt dich an, was begeistert dich?
Ganz klar: Kultur macht süchtig! Ich bin zu Beginn meines Berufslebens eher durch Zufall in die Kulturbranche gerutscht. Dennoch steht die Musik und allem voran die Oper seit über 15 Jahren immer wieder im Zentrum meines beruflichen Schaffens. Privat mache ich auch gerne Musik, verspüre aber ehrlich gesagt darüber hinaus wenig Drang danach, selbst kreativ oder gestalterisch schaffend aktiv zu sein.
„Kultur macht süchtig!“
Umso mehr begeistert es mich, Kreativschaffende bei der Arbeit zu erleben und diese zu unterstützen und Kunst zu ermöglichen. Kultur ist für mich elementares Element einer lebenswerten, bunten und wachen Gesellschaft. Mit und für die Kultur zu arbeiten, empfinde ich demnach als großen Luxus. Und auch wenn ich als Beraterin einer Digitalagentur inzwischen vorwiegend in der freien Wirtschaft aktiv bin, engagiere ich mich weiterhin gerne und vielseitig im Kultursektor und werde wohl nie ganz die Finger davon lassen können.
Mit welchen Problemen hat der Kultursektor aus deiner Sicht aktuell besonders zu kämpfen? Wo besteht Entwicklungsbedarf?
In Bezug auf Arbeitskultur und Arbeitsmethoden hat die Kulturbranche die letzten 15 Jahre komplett verschlafen. Hier sehe ich großen Nachholbedarf, um Kulturinstitutionen zukunftssicher zu machen und vor einem Bedeutungsverlust zu schützen.
„In Bezug auf Arbeitskultur und Arbeitsmethoden hat die Kulturbranche die letzten 15 Jahre komplett verschlafen.“
Außerdem müssen die Institutionen auch als Arbeitgeber umdenken, um für junge Talente attraktiv zu sein und langfristig wettbewerbs- und entwicklungsfähig zu bleiben.
Ich wünsche mir innerhalb der Branche mehr Gegenwartsbezug, Offenheit und Neugierde. Besonders in Bezug auf die Kultur der Zusammenarbeit ist ein Blick über den Tellerrand gefragt. Neue Führungsmodelle und agile Arbeitsmethoden können auch Kulturinstitutionen dabei helfen, einen Nährboden für echten Fortschritt und nachhaltige Erneuerung zu schaffen. Und das ist dringend nötig, um weiterhin relevant zu bleiben und nicht im selbstreferenziellen Elitismus zum Nischenprodukt zu verkümmern.
Deine Utopie: Die Kulturbranche in 10 Jahren …
… hat eine umfassende Transformation durchlebt: Hierarchische Führungsmodelle wurden abgelöst, stattdessen leben die Institutionen eine offene Feedbackkultur, unbedingte Transparenz und Diversität. Den Strukturen des Managements liegt ein positives Menschenbild zugrunde: Werden nur die passenden Rahmenbedingungen geschaffen, können und wollen alle Akteur*innen motiviert die beste Leistung erbringen. Die Führungskultur der Institutionen handelt humanistisch, sozial und bedingungslos offen für Fortschritt und Weiterentwicklung.
Was hat dich angetrieben/motiviert, um dich für alma zu engagieren?
Wie so viele engagierte Akteur*innen der Kulturbranche kam ich innerhalb der Institutionen immer wieder an frustrierende Grenzen: Alte Denkmuster, Rückwärtsgewandtheit und festgefahrene Strukturen verhindern so oft, konstruktiv und produktiv zusammen zu arbeiten und echte Veränderung zu schaffen. Aus diesen Gründen entschied ich mich dafür, meinen beruflichen Mittelpunkt in die freie Wirtschaft zu legen und nur noch auf Arbeitgeber zu setzen, die in echte Weiterentwicklung und gesundes Miteinander investieren.
„Die Kulturbranche von innen und außen weiterentwickeln – mit Respekt für die Errungenschaften, aber mit einer ordentlichen Portion frischem Wind, Mut und Utopismus.“
Der Branche den Rücken zu kehren, kommt für mich dennoch nicht in Frage. Und so kam die Idee auf, mit Gleichgesinnten daran zu arbeiten, den Kultursektor weiterzuentwickeln. Und zwar von innen und außen – mit großem Respekt für die Errungenschaften der Branche, aber auch mit einer ordentlichen Portion frischem Wind, Mut und Utopismus. Bei den Mitgründerinnen von alma fand ich genau diesen Pionier*innen-Geist und freue mich sehr auf alles, was wir gemeinsam erreichen werden.
Wofür steht alma aus deiner Sicht?
alma steht für mich für Empowerment und Gemeinschaft. Ein passendes Bild ist vielleicht eine Petrischale: Alle Erfahrungen und Erkenntnisse unserer Mitglieder kommen hier zusammen, um gemeinsam zu reagieren, sich zu kultivieren und um immer wieder neue Impulse in die Kulturbranche zu geben.
Welche alma-Themen sind dir besonders wichtig – und warum?
Meine Themen bei alma: New Cultural Leadership, Digitale Transformation und New Work.
Digitale Transformation ist seit jeher Schwerpunkt meiner Arbeit. Für mich bedeutet Digitalisierung, sich nie auf Erreichtem auszuruhen, sondern immer Willens und offen für Verbesserung zu sein – für mich persönlich eine grundlegende Voraussetzung für Motivation und gute Arbeit. Innerhalb der Digitalisierung bin ich besonders fasziniert von der agilen Transformationskultur. Sie beruht vereinfacht gesagt auf den vier Grundpfeilern: Feedbackschleifen integrieren, Experimente zulassen, Diversität erhöhen und einer Führungskultur auf Augenhöhe mit flachen Hierarchien. Hier liegt für mich auch der Schlüssel für moderne und zukunftsfähige Kulturinstitutionen.
Und zu guter Letzt: Was sind deine drei “Must-Follows”, also Tipps für inspirierende Informationsquellen?
1. Meiner Meinung nach der wichtigste Praxisreport zum Thema Digitalisierung und Kultur: Die Publikationsreihe „Kultur in Bewegung“ der Kulturpolitischen Gesellschaft (I. Agilität und II. Digitalität)
2. Ein gern gehörter Podcast, um neugierig zu bleiben: Sascha Lobos „Zukunft verstehen“
3. Auf dem Laufenden bleiben mit dem Netzwerk Agile Kultur auf Twitter
Vielen Dank für das Gespräch, liebe Kathrin!
Unsere Initiatorinnen im Porträt
Lerne hier die weiteren Initiatorinnen von alma kennen: